Dienstag, 18. Oktober 2016

Bauarbeiter bei Wind und Wetter

Doch manchmal machen auch sie eine Pause

Löbau/Region. Ein paar Sperrschilder in Löbau können bald wieder abgebaut werden. Die beiden Verkehrskreisel im Stadtzentrum sind dann zwar noch lange nicht fertig, dafür aber immerhin ein Teil der Teichpromenade, die zum Neumarkt führt. Dort wurde in den vergangenen Wochen das Kanalsystem erneuert. Auf einer Länge von über 70 Metern haben die Bauarbeiter neue Rohre für Abwasser und Wasser verlegt. Ein Schacht braucht noch seine Abdeckung, eine dicke Betonplatte. Ein zweiter Schacht wird am heutigen Mittwoch gebaut. „Im November soll die Straße wieder freigegeben werden“, erzählt Polier Frank Schwarz.

Gerade in der vergangenen Woche waren die Arbeiten für ihn und seine Leute nicht einfach – wegen des Dauerregens. Neben der aufgerissenen Teichpromenade liegt ein Schlauch, den brauchen die Bauarbeiter, um Grundwasser abzupumpen. Vergangene Woche kam noch das Regenwasser von oben dazu. „Leicht war es nicht“, sagt Frank Schwarz. „Aber mit der richtigen Kleidung kann man sich schützen und im Baucontainer kann man sich aufwärmen“, erzählt er. Mit den Arbeiten an der Teichpromenade ist die Löbauer Baufirma STL beauftragt. „Wir haben für unsere Leute Arbeitsschutzkleidung, die besonders warm und wasserabweisend ist“, erklärt Geschäftsführer Ullrich Wustmann. „Außerdem stellen wir an unseren Baustellen beheizbare Container oder Bauwagen auf.“

Solche Maßnahmen, um die Bauarbeiter zu schützen, sind sogar gesetzlich vorgesehen, erklärt Holm Felber, Sprecher der Landesdirektion Sachsen. „Grundsätzlich gibt es keine Vorschrift im Arbeitsschutz, die Arbeiten im Regen untersagt“, so Felber. Aber: Der Arbeitgeber muss die Arbeitsstätten so einrichten, dass Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten nicht gefährdet sind. „Der Gesetzgeber verpflichtet die Arbeitgeber deshalb, falls es nötig ist, eine persönliche Schutzkleidung bereitzustellen“, erklärt Holm Felber. Für die Bauarbeiter heißt das: Regenschutzkleidung und einen Ort, an dem man sich umziehen und aufwärmen kann.

„Die meisten Baufirmen setzen das auch mittlerweile um“, sagt Klaus Hartung. Er ist stellvertretender Regionalleiter bei der Industriegewerkschaft Bau. „Aber jede Ausnahme, die wir erwischen, ist zu viel.“ Dass Bauarbeiter jedem Wetter ausgesetzt sind, sei ein Grund, dass viele nicht bis zum Rentenalter durchhalten. „Feucht und klamm wird es im Regen irgendwann doch immer.“ Aber ab welchem Punkt ist endgültig Schluss? Für die Baufirma STL war der Punkt vergangene Woche bei den Straßenbauarbeiten zwischen Obercunnersdorf und Eibau erreicht. Dort sollte Asphalt aufgebracht werden. „Wenn es dabei regnet, kann die Qualität aber leiden“, erzählt Ullrich Wustmann. Geht es ums Wetter, ist er jederzeit bestens informiert. „Wir entscheiden morgens, ob wir bauen und Materialien bestellen können oder nicht.“

Auch andere Bauarbeiten sind im Regen nicht möglich. Betonieren, Maurerarbeiten oder auch Dämmungen brauchen zum Beispiel trockenes Wetter. Bei Tiefbau und Kanalarbeiten dagegen darf es auch mal nass sein – bis zu einem bestimmten Punkt: „Man kann das Wasser zwar abpumpen. Aber wenn der Boden zu sehr aufgeweicht ist, hilft auch das nicht mehr“, erklärt Wustmann. Wird es kälter als fünf Grad minus, ist auch beim Tiefbau Schluss, dann können die Rohre und Dichtungen spröde werden. „Im Moment geht es noch“, sagt Polier Schwarz. Für die Teichpromenade ist er optimistisch.

Quelle: goo.gl/rlFi6e



from Netzwerkbauen.de http://ift.tt/2ed7HAQ
via Netzwerk Bauen

Montag, 17. Oktober 2016

Häuser aus der Gründerzeit können in Leipzig bewundert werden

Mehr als 12 000 Häuser stehen in der Stadt unter Denkmalschutz. Viele wurden aufwendig saniert. Das zieht die Blicke an – und Geld

Steuerliche Förderung und das Engagement der Bürger führen zu einer Renaissance des klassischen Bauhandwerks

Mit einem feinen Skalpell legt Constanze Arndt die Wände und Decken der Treppenhäuser in einem der vielen Altbauten Leipzigs frei. Unter den zahlreichen Farbschichten stößt sie immer wieder auf längst verblichene Wand- und Deckenfriese in verschiedensten Mustern. Bisweilen kommen Wand- und Deckengemälde mit Engelsgestalten oder romantisierenden Landschaften zum Vorschein. Das Ausmalen der Treppenhäuser und Wohnräume hatte in Leipzig eine lange Tradition. „Es gibt nur wenige Altbauten, deren Treppenhausausmalungen sich nicht unter den oft diversen Farbschichten erhalten haben“, sagt Arndt. Sie hat sich auf die Restauration historischer Treppenhäuser spezialisiert und lässt alte Handwerkskunst zum Vorschein kommen, die hundert Jahre oder sogar noch länger verborgen war.

Zwischen 12 000 und 15 000 Bauten – meist aus der Zeit zwischen 1870 und 1930 – stehen in Leipzig unter Denkmalschutz. Die Messestadt ist damit das mit Abstand größte Flächendenkmal der Bundesrepublik Deutschland. In keiner anderen deutschen Großstadt haben sich derart viele Gebäude aus der Gründerzeit mit ihren diversen Anlehnungen an vorherige Bauepochen in oftmals geschlossenen Ensembles erhalten. Von großen Bombenschäden wie in anderen deutschen Städten blieb Leipzig vergleichsweise verschont. Ebenso von den westdeutschen Kahlschlagsanierungen und Modernisierungswellen, die meist nicht viel von der historischen Bausubstanz übrig ließen. In der DDR fehlte für den Umbau dagegen das Geld. Das erweist sich heute für Handwerker, Bauträger und Kapitalanleger als Glücksfall.

Die Auftragsbücher von Constanze Arndt sind gut gefüllt, und dafür muss sie Leipzig nicht einmal verlassen. Mit der denkmalgerechten Sanierung der Altbauten erlebt das traditionelle Bauhandwerk in der 500 000-Einwohner-Stadt eine erstaunliche Renaissance. Restauratoren wie Arndt, aber auch Tischler, Stuckateure oder Zimmerleute, die anderswo ein Nischendasein führen, haben Hochkonjunktur. Ihnen kommt zugute, dass Billigsanierungen in Leipzig mittlerweile ein Randphänomen sind. Die vielen denkmalgeschützten Häuser geben ein hohes Sanierungsniveau vor. Originalgetreue Rekonstruktion der Stuckfassaden und Dachlandschaften sowie der herrschaftlichen Treppenhäusern mit ihren edlen Materialien und handgemachten Ausmalungen haben hier Vorrang vor Kratzputz, Plastikfenstern und Baumarkttüren.

Ortsansässige Bauträger und Sanierer wetteifern mittlerweile um die am schönsten sanierten Häuser. Sie spekulieren auf langfristiges Wachstum von Bevölkerung und Miete. Damit treffen sie den Nerv ihrer überwiegend gut situierten westdeutschen Kunden, die von der Finanzkrise „geläutert“ und mit einer üppigen Denkmalschutz-Abschreibung gelockt ihr Kapital in Leipziger Immobilien umschichten.

Dabei stand es um die größte Stadt des Freistaates Sachsen lange Zeit nicht besonders gut. Noch vor der Wende plante die DDR, „ganze vom Verfall bedrohte historische Stadtviertel abzubrechen“, erinnert sich Wolfram Günther, Leipziger Rechtsanwalt und Sprecher des „Stadtforum Leipzigs“, einer Dachorganisation verschiedenster Stadtteilvereine, die sich für den Erhalt der historischen Bausubstanz einsetzen. Die Wende machte die Planungen jedoch zunichte. Doch auch nach der Einheit war das riesige historische Bauerbe noch lange in Gefahr. „Zahlreiche Altbauwohnungen waren in einem derart schlechten Zustand, dass sie kaum bewohnbar waren“, sagt Günther. Und obwohl die Stadt zu jener Zeit mit Leerstandsquoten um die 30 Prozent zu kämpfen hatte, verfielen vor allem westdeutsche Bauträger in Goldgräberstimmung. Angetrieben von realitätsfernen Entwicklungsprognosen – Leipzig sollte Millionenstadt werden – und Förderprogrammen wie etwa „Sonderabschreibung Ost“ versprachen sie ihren Anlegern üppige Renditen. Statt sich jedoch vornehmlich auf die Sanierung des großen Altbaubestandes zu konzentrieren, bauten sie nach westdeutschem Vorbild vor den Toren der Stadt Einfamilien-, Reihenhäuser und Einkaufszentren. Mit der Folge, dass viele Leipziger daraufhin auf die grüne Wiese zogen. Leipzig schrumpfte, und die heute so geschäftige Innenstadt verödete zunehmend.

„Mehrere Hundert Baudenkmäler fielen dieser am Bedarf vorbeigeplanten Entwicklung zum Opfer und wurden abgerissen“, bedauert Wolfram Günther. Doch Menschen wie er mit einem Herz für die alte Bausubstanz sowie engagierte Denkmalpfleger sorgten dafür, dass die Stadt sich ihrer Verantwortung gegenüber den alten Häusern bewusst wurde. Nach und nach stellte die Messestadt immer mehr Altbauten unter Denkmalschutz. Und nachdem viele der westdeutschen Baufirmen Leipzig den Rücken zukehrten, begannen sich neu gegründete einheimische Firmen der historischen Bausubstanz mit neuen Konzepten behutsam anzunehmen.

Eines dieser Leipziger Bauunternehmen ist die in den 90er-Jahren gegründete GRK Holding AG. „Wir kaufen alte Baudenkmäler, verkaufen die Wohneinheiten an Eigennutzer und Steuersparer und sanieren sie anschließend originalgetreu, ohne dabei die Ansprüche an den heutigen Wohnkomfort aus den Augen zu verlieren“, erklärt Vorstandschef Steffen Göpel.

Mittlerweile ist das ostdeutsche Bauträger-Unternehmen mit 65 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 50 Millionen Euro einer der größten Player in der Leipziger Immobilienbranche. Mehr als 200 000 sanierte Quadratmeter in Baudenkmälern gehen auf das Konto der GRK zurück, weitere 100 000 sollen in den nächsten Jahren folgen.

Wie viele andere in der Leipziger Baubranche hat auch der ehemalige Automobil-Rennfahrer Steffen Göpel seine Wurzeln in Leipzig. Mit seinem Bauunternehmen saniert der 45-Jährige die alten Häuser für das Leipziger Bürgertum von morgen, „das es gilt, in der Stadt wie vor dem Zweiten Weltkrieg wieder zu verankern“, betont der Vorstandschef. „Es geht darum, den Charakter und die Identität eines alten Hauses zu wahren, es aber gleichzeitig an die Wohnansprüche des 21. Jahrhunderts anzupassen“, erläutert Göpel. So werden trotz Denkmalschutz etwa die Grundrisse der zu sanierenden Wohneinheiten fast immer geändert, Bäder vergrößert, Wohnungen zusammengelegt oder außerordentlich große Wohneinheiten mit bis zu 13 Zimmern geteilt. Wie in einem Neubau läuft man in den von der GRK sanierten Wohndenkmälern über Trittschall gedämmtes neues Eichenholzparkett, das eben ist wie die Wasseroberfläche eines ruhigen Gewässers. Aber auch stark verzogene Zimmertüren oder undichte Kastenfenster wechselt die GRK bisweilen aus und ersetzt sie durch stilechte Fenster mit entsprechendem Isolierschutzfaktor sowie profilierte Zimmertüren aus Holz. Und selbst Aufzüge sowie Tiefgaragen sind häufig Standard.

Bei derart vielen Zugeständnissen an den gehobenen Wohnkomfort „drückt der Denkmalschutz schon mal ein Auge zu“, räumt Steffen Göpel ein. Wohl wissend, dass ein Baudenkmal kein Museum ist und wirtschaftlich rentabel sein muss. Als Gegenleistung werden die Treppenhäuser und die Fassade so detailgetreu wie möglich wieder hergestellt. So manches Haus erhält so seine Stuckfassade zurück, auf Eckhäusern thronen wieder Kuppel und Spitze.

Stephan Gerlinghaus, Finanzberater aus Bamberg, kaufte 2005 eine 94 Quadratmeter große sanierte Wohnung in einem Baudenkmal im Stadtteil Schleußig. „Der Quadratmeterpreis betrug damals gerade einmal 1800 Euro“, erinnert sich der 52-Jährige. Inzwischen sei der Wert der Wohnung um mehr als zehn Prozent gestiegen. Über die „Denkmalschutz AFA“ (Absetzung für Abnutzung) kann Gerlinghaus über einen Zeitraum von zwölf Jahren volle 100 Prozent der Sanierungskosten (80 Prozent vom Kaufpreis) von seiner Steuerlast absetzen. „Ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 60 000 Euro lohnt sich das richtig“, hat der Finanzberater ausgerechnet. Mittlerweile hat Gerlinghaus eine weitere Wohnung sowie eine Gewerbeeinheit in Leipziger Denkmalhäusern erworben, die allesamt vermietet sind.

Noch immer ist der Leipziger Immobilienmarkt stark unterbewertet. In den Toplagen, etwa dem Waldstraßenviertel, dem Musikerviertel oder der Südvorstadt, zahlen Käufer derzeit für denkmalgerecht sanierte Wohneinheiten mit gehobenem Komfort zwischen 2500 und 3000, in Einzelfällen sogar bis zu 3900 Euro pro Quadratmeter. Für eine vergleichbare Wohnung in Westdeutschland müsse man leicht das Doppelte aufbringen, sagt Andreas Koengeter vom Immobilienverband Deutschland IVD Region Mitte-Ost e.V.

Noch ist Leipzig ein Käufer- und Mietermarkt, geprägt durch ein Überangebot an hochwertig sanierten Wohnungen zu günstigen Preisen. Doch die Leerstandsquoten sind deutlich zurückgegangen. Vor zehn Jahren waren noch rund 20 Prozent aller sanierten Altbauwohnungen in Leipzig unvermietet. Inzwischen hat sich der Leerstand halbiert. „In guten Lagen beträgt er sogar nur noch zwischen ein und vier Prozent“, sagt Koengeter. Tendenz: weiter sinkend. Steigende Geburtenraten und jährlich mehr Zu- als Wegzüge haben dafür gesorgt, dass die Messestadt seit der Jahrtausendwende wieder wächst.

Familien, die in den 90er-Jahren noch ins Umland gezogen sind, kehren nun in die Stadt zurück. Gut situierte Rentner aus ganz Deutschland kaufen sich in Leipzig eine Wohnung und verbringen dort ihren Lebensabend. Und Eltern erwerben für ihre Kinder, die in Leipzig studieren, eine preiswerte Wohnung. „Sie alle schätzen das kulturelle Angebot mit einer Vielzahl an Kneipen und Theatern, die kurzen Wege und schlichtweg die Urbanität Leipzigs“, sagt Andreas Koengeter. Derweil gibt es noch viel unsanierten Raum in den ehemaligen Arbeitervierteln im Osten der Stadt.

Auf Constanze Arndt kommt demnach noch viel Arbeit zu. Derzeit arbeitet die Restauratorin in einem fast 100 Jahre alten Wohngebäude. Im Treppenhaus ist sie nach der Freilegung der Wände auf einen siebenfarbigen verblichenen Rosenfries gestoßen. Mit einer von Hand geschnittenen Schablone macht sie sich an die Retusche.

Quelle: http://ift.tt/2eeaCHT



from My CMS http://ift.tt/2e0Axri
via Netzwerk Bauen